Bernhard Heim hat das Kleinwalsertal für eine dreijährige Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter verlassen, bevor er den Hof von seinem Vater übernahm und auf Direktvermarktung an Touristen umstellte. Foto: Jana Wilken

Haben wir fröhlichen Urlauber einer Dorfgemeinschaft die Seele genommen, oder trägt der Tourismus gar zur Erhaltung traditioneller Lebensweisen bei? Das kleine Dorf Mittelberg im österreichischen Kleinwalsertal hat sich ganz auf den Tourismus eingestellt, beinahe alle Arbeitsplätze hängen zumindest indirekt mit der Branche zusammen. Ich treffe Bernhard Heim, der den Walserhof seiner alteingesessenen Familie erhalten und zu einem modernen, landwirtschaftlichen Betrieb mit Hofladen direkt am Kuhstall umgebaut hat. Er vertreibt seine Produkte ausschließlich über Direktvermarktung an Touristen.

Kaum dass ich aus der Ferienwohnung trete, durchnässt Schneeregen meine Winterjacke. Das Bergpanorama verschwindet hinter einer weißen Wand, nur mit zusammengekniffenen Augen kann man erahnen, dass sich in alle Himmelsrichtungen steile Hänge erheben. Ich versuche mir das Tal im Sommer vorzustellen, mit saftigen, grünen Wiesen und dem Läuten der Kuhglocken, das vom Berg herunter schallt. Ich schiebe die Kapuze nach hinten und kann jetzt den höchsten Gipfel des Tales, den felsigen Widderstein, ausmachen. Zu seinen Füßen im Gemsteltal liegt die Berghütte des Bauernhofes, zu dem ich wandere, um einen Interviewtermin mit dem Landwirt auszumachen. Ich hoffe, dass er mir sein berufliches und emotionales Verhältnis zum Tourismus im Tal eröffnen wird. Ob die Skitouristen – dazu gehöre ich seit frühester Jugend – eine Chance oder ein Verhängnis für die Talbewohner und ihre Kulturtechniken sind?  Seit Jahrhunderten treiben die Einheimischen ihre Kühe auf die Bergweiden und holen noch von den steilsten Hängen Heu für den Winter ein. Die Walser mussten das manchmal lebensfeindliche Hochgebirge nutzen lernen und haben über die Jahrhunderte mit ihrer Almwirtschaft eine einmalige Kulturlandschaft geschaffen, die sie jetzt als idyllisches Urlaubsziel vermarkten.

Dreiteiliges Mehrzweckgebäude: Hinter dem Ladenraum gliedert sich das Wohnhaus von Bernhard Heim an, nur eine Wand trennt es vom Kuhstall mit Sennerei. Hier wird die Milch direkt zu verkaufsfertigem Käse und Joghurt weiterverarbeitet. Foto: Jana Wilken
Dreiteiliges Mehrzweckgebäude: Hinter dem Ladenraum gliedert sich das Wohnhaus von Bernhard Heim an, nur eine Wand trennt es vom Kuhstall mit Sennerei. Hier wird die Milch direkt zu verkaufsfertigem Käse und Joghurt weiterverarbeitet. Foto: Jana Wilken

Obwohl es zum österreichischen Vorarlberg gehört, ist das Kleinwalsertal nur über eine einzige Straße von Bayern aus zugänglich. Neben der Landwirtschaft war die wichtigste Erwerbsquelle für Einheimische bis ins 20. Jahrhundert das Schmuggeln: Sie schleppten einst Kaffeebohnen, Salz und verbotene Bücher über die Alpen. Fünfzig Jahre später habe ich das Walsertal als kommerzorientierten Skiort kennengelernt. Ich frage mich, ob und wie die 6000 Einheimischen ihr kulturelles Erbe im Strom von 200 000 Urlaubern pro Jahr bewahren können.

Irgendwo wird eine Lawine losgesprengt, das Donnern ist im ganzen Körper zu spüren und holt meine Aufmerksamkeit zurück in die Gegenwart. Ich stehe vor einem traditionellen Walserhaus mit grau verwitterten Holzschindeln, daneben ein neueres Holzhaus mit einem Anbau, der die Aufschrift „Gemstelhof-Laden“ trägt. Ein Glöckchen läutet beim Eintreten, der dezente Geruch nach herzhaftem Käse weht mir entgegen. Im Warmen beschlägt sofort die Brille und es bildet sich langsam eine Pfütze um meine schneeverklebten Wanderschuhe. „Möchtest du ein Stück Bergkäs‘ probieren?“, fragt Christine, eine herzlich lachende Walserin mit immer geschäftigen Händen. Sie zieht schwungvoll mit einem Seilzug die selbst gebastelt aussehende Käseglocke unter die Decke, hobelt eine fingerdicke Scheibe vom Käselaib ab und reicht sie über die Theke. Der Käse brennt leicht am Gaumen, es entfaltet sich ein langanhaltendes, würziges Aroma: Für mich der Geschmack von Urlaub in den Bergen.

Im Verkaufsraum haben vielleicht fünf Kunden zugleich Platz, es laden grob geschnitzte Bänke zum Verweilen ein. Holzscheite sind zu einer rustikalen Theke gestapelt, darauf ein Kühlregal mit Bio-Joghurt und Bio-Milch von den Kühen, die man von hier aus Muhen hört. Eingekochtes, Gewürzöle, Landjäger-Würste und Schinken stapeln sich neben Strickmützen und bunt gemusterten Wollstrümpfen im Regal. Hier gibt es Genussprodukte und individuelle Urlaubsandenken, aber keinen kitschigen Touristennepp. Ich fühle mich hier als Touristin ernst genommen, die Atmosphäre wirkt authentisch. Alle Produkte, die zum Verkauf angeboten werden, stammen aus eigener Produktion. Oder, im Fall der Mützen, vom strickfreudigen Nachbarn um die Ecke. 

Bernhard Heim hat das Kleinwalsertal für eine dreijährige Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter verlassen, bevor er den Hof von seinem Vater übernahm und auf Direktvermarktung an Touristen umstellte. Foto: Jana Wilken
Bernhard Heim hat das Kleinwalsertal für eine dreijährige Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter verlassen, bevor er den Hof von seinem Vater übernahm und auf Direktvermarktung an Touristen umstellte. Foto: Jana Wilken

Ich habe den letzten Bissen Bergkäse gerade verspeist, als Bernhard Heim durch die Hintertür seinen Laden betritt. Er hat den Hof, der seit mehr als 500 Jahren in Familienbesitz ist, von seinem Vater übernommen. Sofort erkennt er mich wieder, ich habe den Laden über die Jahre schon öfter im Skiurlaub besucht. Sein Händedruck ist angenehm fest, die Innenfläche fühlt sich rau von der Arbeit an. Bernhard spricht eher leise und mit einem weichen Walser Dialekt, er lässt seine Sätze meist offen mit einem „…,oder?“ enden. Man fühlt sich dadurch in jede seiner Aussagen mit einbezogen. Bernhard ist sofort hilfsbereit: Ein Interview geben? Gern, hier, sofort, wenn er dabei etwas essen darf.

Bernhard nimmt einen großen Bissen Leberkäse und beginnt zu erzählen. Der gesamte Umsatz des Betriebes beruht auf Direktvermarktung – das wäre vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen. Im Tourismus hat er die Chance erkannt, traditionelle Landwirtschaft in der modernen Zeit wieder profitabel betreiben zu können. Seitdem Bernhard den Hof führt, hat sich der Viehbestand verdoppelt. Im Moment zählt er 13 Milchkühe zu seinen insgesamt ca. 30 Tieren. „Was du auf dem Markt für einen Liter Milch bekommst, das geht nicht. Du müsstest drei Euro dafür verlangen, aber das geht auch nicht – das ist politisch nicht durchsetzbar“, erläutert er die aussichtslose Lage vieler Landwirte und isst noch ein Stück Leberkäse. Für zertifizierte, regionale Bioprodukte sind die Leute dagegen zunehmend bereit, etwas mehr zu zahlen. Auch der Tourismus hat sich dahingehend gewandelt. „Die Urlauber haben weniger Zeit, es dreht sich alles um schnellen Konsum – aber sie achten im Gegensatz zu früher sehr darauf, regionale Qualitätsprodukte zu kaufen“, bemerkt Christine, sie ist für die Bedienung im Laden zuständig. Der gern gezahlte faire Preis ist ein wichtiger Baustein des Konzeptes Direktvermarktung.

Bernhard lässt sich die Bioqualität seiner Milcherzeugnisse vom Biokontrollservice Österreich (Bios) bestätigen. Neben dem Produkt selbst wird bei den regelmäßigen Kontrollen auch auf Tierschutzfragen und eine korrekte Buchführung geachtet. „Heutzutage musst du Landwirtschaft richtig professionell betreiben, damit es funktioniert“, ist sein Fazit. Er hat es mit präziser Planung und harter Arbeit geschafft, unabhängig von Großmolkereien zu werden. Den direkten Kundenkontakt, der für Abwechslung im Alltag sorgt, empfinde er als zusätzliche Belohnung für die Mehrarbeit. Dass er das wirklich so meint, merke ich an der Bestimmtheit in seiner Stimme. Ich sitze mittlerweile auf einem Holzschemel und trinke heißen Holunderblütenpunsch.

In nichttouristischen Gebieten könnten Landwirte nur über intensivierte, hocheffiziente Produktion mit mehreren hundert Kühen Gewinne erzielen. Bernhards Miene verdüstert sich, er mutmaßt: „Solche Aussiedlerhöfe sind einsam und dazu oft verschuldet, da kann man nicht selbstbestimmt leben und arbeiten.“ Er sieht in den Arbeitsbedingungen in Großbetrieben eine Ursache für die erhöhte Selbstmordrate unter Landwirten in Österreich. Natürlich sei es ein Manko, dass 95 Prozent  seines Umsatzes saisonal vom Tourismus abhängt, Bernhards Tonfall ist jetzt sachlich. Aber die Mehrzahl der Produkte wie Bergkäse und Marmeladen halten sich, sodass ein schwankender Absatz für die Produktionsplanung nicht schlimm ist, meint er und deutet in Richtung der Regale. Zudem erhält jeder Landwirt staatliche Zuschüsse. Sie werden unter anderem für die Bewirtschaftung von Flächen und Umweltschutzmaßnahmen vergeben und sollen helfen, die Kulturlandschaft zu erhalten. Diese EU-Gelder machen im Schnitt zwei Drittel des Einkommens der österreichischen Landwirte aus. „Förderungen wird man immer brauchen“, fasst Bernhard ohne zu zögern zusammen, „obwohl das Geschäft mit den Touristen gut läuft“.

Das war aber nicht immer so. Mit dem Anfang des Massen-Skitourismus im Kleinwalsertal verlor traditionelle Landwirtschaft zunächst drastisch an Bedeutung, erinnert sich Bernhard. Viele Bauern verdienten mit der Vermietung von Gästezimmern oder als Skilehrer ihr Geld, der Betrieb lief nebenbei mit. Die harte Arbeit auf dem elterlichen Hof erweckte für junge Walser einen rückständigen und perspektivlosen Eindruck. Ich fühle mich an dieser Stelle an die Erzählungen meines Skilehrers Benedikt (Name geändert) erinnert: Sein heute 69-jähriger Vater verwandelte sich in den 1970er Jahren über Nacht vom Landwirt zum „Skilehrer der ersten Stunde“. Wenn er vom Après-Ski mit den feierwütigen Spaßtouristen zurück zum Hof kam, war er oft betrunken, entwickelte bald eine Alkoholsucht. Seine Frau war gezwungen, den Hof allein mit Hilfe ihres Sohnes zu bewirtschaften. Dass Benedikt heute selbst gern als Skilehrer arbeite, zeige wie sehr sich die Touristen und ihre Ansprüche verändert hätten: „Eindeutig zum Positiven, heute geht es um den Sport“.

Auch Bernhard und seine Brüder haben zeitweilig am Lift und in der Skiwerkstatt gejobbt. Seine Mutter Anneliese betrieb außerdem bis zum letzten Jahr eine Frühstückspension, dort übernachteten meine Großeltern in ihrem ersten Skiurlaub 1980. Annelieses Söhne mussten damals in der Vermietungssaison ihre Zimmer räumen, weil jedes Gästebett wertvoll war. Abends wurde manchmal gemeinsam mit allen Hausgästen Karten gespielt und Musik gemacht, der Kontakt zu meiner Familie blieb jahrzehntelang bis heute bestehen.

Das in der Alpenregion beliebte Braunvieh ist trittsicher und robust. Eine ausgewachsene Kuh produziert ungefähr 20 Liter Milch pro Tag. Die Sommermonate verbringen die Kühe auf saftigen Bergwiesen auf der Alm, im Winter werden sie mit Heu gefüttert. Foto: Jana Wilken
Das in der Alpenregion beliebte Braunvieh ist trittsicher und robust. Eine ausgewachsene Kuh produziert ungefähr 20 Liter Milch pro Tag. Die Sommermonate verbringen die Kühe auf saftigen Bergwiesen auf der Alm, im Winter werden sie mit Heu gefüttert.
Foto: Jana Wilken

Christine kommt mit saftig-mürb aussehendem Käsekuchen im Glas auf uns zu, da kann man nicht widerstehen. Für einen Augenblick schweigen wir genussvoll und essen einfach. Im Hintergrund zischt das Vakuumiergerät, mit dem Christine Schinken verpackt, und es tönt ein dumpfes Muhen aus dem Stall herüber. Jetzt im Winter beginnt Bernhards Arbeitstag dort um fünf Uhr morgens, zu dieser Jahreszeit werden die Kälber geboren. Wenn das Vieh versorgt ist, wird für drei Stunden Käse gemacht, danach dreht sich alles um den Hofladen. Joghurt produziert Bernhard nach Bedarf nebenbei. Ob er einen geregelten Feierabend hat? „Naja, meistens bin ich, wenn ich abends wieder aus dem Stall komme, noch bis Mitternacht mit Verwaltungssachen beschäftigt“. Urlaub? „Naja, das Vieh will zweimal am Tag gemolken werden, 365 Tage im Jahr – Klar hilft mal jemand für einen Tag aus, aber ein ganzes Wochenende frei nehmen ist schon schwer“, Christine fügt lachend hinzu: „Kühe sind Mädels, die lassen auch nicht jeden ran…“. Einige Tage später beim Fototermin im Kuhstall begreife ich, was sie damit meint. Bernhard spricht sein Braunvieh mit Namen an, er kennt seine Eigenheiten und Charakterzüge: „Lina wartet nach jedem Melken auf eine Massageeinheit mit der Bürste, sie geht erst weiter, wenn sie genug hat“. Bernhard grinst und seine Augen leuchten, sobald er über die Milchkühe spricht. Im Stall läuten und bimmeln Kuhglocken durcheinander, wir werden muhend begrüßt. Ein Jungbulle zupft neugierig und sehr vorsichtig an meiner Jacke, er schreckt sofort zurück, als ich mich umdrehe. Rings um den geräumigen Laufstall  lassen breite Fenster Tageslicht herein, es riecht nach frischem Heu.

Im Sommer ist Bernhards Arbeitspensum noch höher. Die Kühe grasen nach dem Almauftrieb im Mai auf weitläufigen Bergwiesen. Auch hier oben müssen sie zweimal täglich gemolken werden, im Spätsommer wird von den Wiesen Heu für den Winter eingeholt. In diesen Monaten beschäftigt er bis zu sieben Helfer. „Sennerei, Laden, Alpe und alles was außer der Reihe noch so anfällt – das geht nur, weil deine Familie so eng zusammensteht, wenn Not am Mann ist“, ruft Christine hinter dem Tresen hervor. In der auf 1283 Meter Höhe gelegenen Berghütte oder, wie sie hier genannt wird, der „Alpe“, werden von Mai bis Anfang November Wanderer mit Selbstgemachtem bewirtet. Sie ist neben dem Hofladen die zweite und einzige weitere Verkaufsstelle. Für den Kleinbetrieb wäre es nicht lohnenswert, in die zusätzlichen Prüfkosten privater Anbauverbände wie Demeter, Bioland oder BioAustria zu investieren, um ihr Siegel zu erhalten. Ein Verkauf im Bio-Supermarkt ist daher keine Option, dort werden ausschließlich Produkte mit Siegeln der Anbauverbände vertrieben, erläutert Bernhard mit nachdenklicher Stimme.

Bernhard springt auf, um einen Stammkunden herzlich mit Handschlag zu begrüßen. Mein Blick schweift im Laden umher. Auf einer überdimensionalen Wandtafel wird in schnörkeliger Handschrift der Kreislauf der Landwirtschaft im Einklang mit der Natur ausgemalt. Bernhard folgt meinem Blick und sagt schnell: „Diese Idylle, die die Leute sehen wollen, gibt’s nicht – es geht um’s knallharte Geschäft“. Wie arbeitsintensiv der Alltag des bäuerlichen Lebens ist, erfährt man als Tourist nur auf Nachfrage. „Natürlich ist es schön, dass Landwirtschaft hier noch so funktioniert“, betont er und ergänzt: „Wir brauchen Leute, die wirklich arbeiten“. Bernhards 14-jähriger Sohn hat im letzten Sommer viel mitgeholfen. Dass er den Hof einmal weiterführen wird, ist aber noch nicht gesichert. Bernhard kaut nachdenklich auf einem Stück Bergkäse und meint: „Gerade war seine Einstellung eher so: Das ist Kinderarbeit!“. Als Landwirt sei es aber wichtig, von klein auf mitzuerleben, was dieser Beruf beinhaltet. Bernhards Stimme ist leiser geworden, er macht Denkpausen zwischen den Sätzen. „Gerade mit den Viechern musst du ein Gefühl entwickeln, ob’s denen gut geht. Das kann auch nicht jeder“, sagt er schnell und unterstreicht seine Worte mit einer energischen Handbewegung. Natürlich möchte man als Landwirt den Betrieb weitergeben und erhalten, aber das Interesse könne nicht erzwungen werden. Er versucht ein Lächeln, sein Blick driftet nach unten ab.

Die Rohmilchkäselaibe reifen mindestens vier Monate bei ca. 13° Celcius, bevor sie als Bergkäse verkauft werden dürfen. In der Reifephase müssen sie zwei- bis dreimal in der Woche per Hand mit Salzwasser abgewaschen und gewendet werden. Foto: Jana Wilken

Insgesamt zieht Bernhard eine positive Bilanz, vor zehn oder 20 Jahren sei er mit dem Hof schlechter gestellt gewesen. Er blickt auch zuversichtlich in die Zukunft der Landwirtschaft: Insbesondere junge Leute zeigten wieder mehr Interesse. Der Wert regional erzeugter Nahrungsmittel wird sicher auch mit Hilfe ökobewusster Touristen gesellschaftlich präsenter.

Zum Abschied bekomme ich von Christine noch ein großes Stück Bergkäse auf die Hand. Ich esse es voller Appetit direkt auf, und sie lacht mich dafür zufrieden an. Ich fühle mich in meiner Rolle als Touristin in diesem Moment vollkommen wohl. Bernhard hat mir mit seiner pragmatischen, dezidierten Art vermittelt, dass der Tourismus den Walsern helfen kann, ihre kulturelle Identität zu pflegen. Die bäuerliche Direktvermarktung ermöglicht Landwirten im Kleinwalsertal einen profitablen Verkauf ihrer Produkte. Besonders für Touristen ist nicht nur die regionale Spezialität selbst interessant – schon der Einkauf wird durch die besondere Verkaufsumgebung zum Erlebnis. Dass ein unbeschwertes, romantisch-naturverbundenes Landleben auch direkt am Hof nur als Marktstrategie existiert, mindert dabei nicht die besondere Qualität des Produktes. Beschwingt trete ich nach draußen, es ist fast trocken, und die Berge sind wieder zu sehen. Ich beschließe, einen Umweg entlang des rauschenden Gebirgsflusses im Tal, der Breitach zu nehmen, und freue mich auf den morgigen Skitag.