Volleyball Mannschaften in Göttingen kämpfen um den Klassenerhalt in der Regionalliga


Der Ball wird zur Aufschlagspielerin über das Feld gerollt, die Teams begeben sich auf ihre Positionen und nehmen die Annahmehaltung ein: tief stehen, Arme und Hände spielbereit, auf den Fußspitzen, um schnell zum Ball rennen zu können. Der Aufschlag wird ausgeführt, flattert durch die Luft und landet perfekt auf den Unterarmen der Libera. Die ganze Halle hält den Atem an, alle Anfeuerungen verstummen. Die Libera wehrt ab und spielt einen hohen Ball zum Netz, wo die Zuspielerin mit Leichtigkeit hinläuft und einen schnellen Pass auf die Außenspielerin stellt. Diese kommt bereits angeflogen und schlägt den Ball diagonal vor die Füße der gegnerischen Abwehrspielerin. Sobald der Ball den Boden berührt, springen die Fans auf, jubeln, man hört die Trommeln ertönen und ein Partysong kommt aus den Boxen geschossen. Das ist Regionalliga-Volleyball in Göttingen.

Die 1. Damen des Tuspo Weende nach ihrem Sieg beim Abklatschen. Foto: Juliane Timm

Die Spielerinnen des Tuspo Weende haben den dritten Satz ihres Heimspieles am 20.01.2024 gewonnen und sind dem Klassenerhalt in der Regionalliga Nordwest einen Schritt nähergekommen. Es war ein langer Weg bis hierhin. Nachdem sowohl die Weender als auch die Damen des USC Braunschweig sich in einem ausgeglichenen Spiel keinen Punkt schenkten, stand es zuletzt 1:1 nach Sätzen. Im besagten 3. Satz folgte eine starke Aufschlagserie sowie saubere Abwehraktionen und präzise Angriffe, welche die Weender Damen in Führung setzte und sie schlussendlich den Satz zumachen konnten. Der vierte Satz wurde durch gute Abwehrarbeit beider Teams wieder lang. Der USC Braunschweig kam oftmals an die Heimmannschaft heran, musste sich am Ende jedoch geschlagen geben, sodass Tuspo Weende mit einem 3:1 den vierten Sieg der Saison einfuhren. Eine Woche später konnten sie an die gute Leistung des vergangenen Spieltages anknüpfen und einen weiteren Sieg holen.

Der Start war holprig

Diese Ausgangslage konnten die 1. Damen des Tuspo Weende nicht in der gesamten Saison verzeichnen. Zu Beginn gab es personelle Probleme, sowie ganze fünf Abgänge und Ausfälle, welche durch viel Improvisationsgeschick des Kaders und dem Auffüllen mit einigen Spielerinnen aus der 2. Damenmannschaft gelöst werden konnten. Der Verein Tuspo Weende hat aktuell sechs Damenmannschaften im Training, wodurch aus dem zahlreichen Aufgebot an Spieler*innen geschöpft werden kann. Seit der Rückrunde läuft es nun besser.

Anna im Trikot des Tuspo Weende nach dem Spiel. Foto: Juliane Timm

Dies berichtet Anna, die als Mittelblockerin seit 2021 in der Regionalligamannschaft spielt. Zuvor lieferte sie beim Tuspo Weende in der Verbandsliga ab, sodass der Trainer sie in der 1. Mannschaft einsetzte. Gemeinsam stiegen sie letzte Saison in die Dritte Liga West auf. Dort gab es jedoch wenig Siege zu verzeichnen, weshalb ein Abstieg unvermeidlich war. Zurück in der Regionalliga für diese Saison war der Start schwierig, wie sie erzählt. Sie versuchten neue Positionen zu besetzen und konnten trotzdem in der Hinrunde nicht die erhoffte Leistung zeigen. Überraschend war die Rückkehr von zwei ehemaligen Spielerinnen, durch die ein Abstiegskampf verhindert werden konnte. Jetzt sollte dem Klassenerhalt eigentlich nichts mehr im Weg stehen. „Aufsteigen werden wir aber auf keinen Fall“, gibt sie zu.

Durch den Tumult des Kaders mussten sich die Damen erst wieder neu einspielen. Einige der Ersatzspielerinnen konnten ihr Können beweisen, doch der kleine Kader sorgte immer wieder für neue Lösungsansätze. Anna durfte ebenfalls einen kleinen Ausflug auf die Außenposition machen, da dort Spielerinnen fehlten, ist nun jedoch zurück auf der Mitte. Das neu aufgestellte Team gefällt ihr mittlerweile gut und die Leistungen nähern sich ihren Vorstellungen an.

Nicht eine, sondern gleich zwei hochklassige Göttinger Mannschaften

Einen Tag später und ein paar Hallen weiter südlich in Göttingen zeigt sich ein vergleichbares Bild. Viele Fans auf den Rängen, man riecht im Eingangsbereich das Buffet aus Bier, Kaffee und Mettbrötchen und das ohrenbetäubende Klatschen der Fans kommt einem schon vor Eintreten in die Halle entgegen. Die Herren auf dem Spielfeld schmeißen sich auf den Boden: „Jeden Ball kratzen und ordentlich Wumms dahinter bringen!“, ist die Devise. Der gegnerische Spieler des Tabellenletzten VC Osnabrück ist am Aufschlag und platziert diesen in der Spielfeldmitte, wo der Annahmespieler des ASC 46 Göttingen sofort zur Stelle ist. Nach einer guten Annahme verwandelt der gerade eingewechselte Zuspieler einen Überkopfpass an den Diagonalangreifer für einen Hinterfeldangriff. Dieser schlägt rechts am Block vorbei die Linie runter, wo der gegnerische Libero jedoch mitgedacht hat und abwehren kann. Währendessen hört man ein lautes „1-2-3“ der Göttinger Fans zu den Ballkontakten mitrufen, danach sind enttäuschte Seufzer zu hören. Der Osnabrücker Zuspieler setzt seinen Mittelangreifer ein, welcher mit Kraft versucht durch den Block zu kommen, doch der Göttinger Block aus zweimal knapp zwei Meter Körpergröße hält gegen und kann den Ball auf den Boden bringen. Die Halle tobt. Mit dem Block wurden auch die Fans überrascht und freuen sich daher umso mehr. Die beiden erfolgreichen Blocker reißen die Arme hoch und freuen sich mit. Auch die 1. Herren des ASC 46 Göttingen liefert an diesem Wochenende in der Regionalliga Nordwest ab.

Die Herren des ASC sind in der Regionalliga nicht neu. Sie spielen in dieser Liga bereits mehrere Jahre, bevor 2018 der Abstieg in die Oberliga kam. Letzte Saison sorgten dann spektakuläre Siege für den sicheren Platz in der Regionalliga. Das Spiel gegen den VC Osnabrück bedeutet den vierten Sieg der laufenden Saison. Ähnlich wie bei den Weender Damen war es eine lange, kräftezehrende Saison bis hierhin. Aus einem zu Beginn großen Kader hatte das Team mit mehreren Ausfällen und Abgängen zu kämpfen und musste versuchen, sich in der höheren Klasse zu behaupten. Als junges Team, das noch nicht lange zusammenspielt, muss nun der Klassenerhalt gesichert werden. Ein Aufstieg in die Dritte Liga West gilt als eher unrealistisch.

Ole im Trikot des ASC. Foto: Julian Vogel

Nach den Startschwierigkeiten konnte im Laufe der Saison gegen Teams an der Tabellenspitze Punkte erzielt und das eigene Spiel verbessert werden, jedoch ist noch viel Luft nach oben. Diese Einschätzung gibt Ole zur aktuellen Saison ab. Er spielt erst seit Kurzem als Mittelblocker im Team der 1. Herren. Das Pech zu Beginn der Saison, konnte eingegrenzt und durch das Aufnehmen von Spielern der 2. Herrenmannschaft, wie Ole schließlich gelöst werden. Er wurde erst in der Mitte der Saison von den 2. Herren hochgezogen. Die Herrenteams, von denen es beim ASC fünf gibt, trainieren manchmal zusammen und kennen sich untereinander gut, sodass ein Wechsel der Mannschaft ohne große Probleme ablaufen konnte. Wichtig für diesen Zusammenhalt ist auch die Zeit nach dem Training oder Spielen, in welcher die gesamte Volleyballsparte gut funktioniert und einen Austausch zwischen den Mannschaften herstellt, erzählt er. Neben Ole haben noch andere Spieler der 2. Mannschaft ausgeholfen, wodurch der dezimierte Kader stabilisiert werden konnte. Mit viel Kreativität und Durchhaltevermögen konnte die Mannschaft sich durchbeißen und ihre ersten Siege erkämpfen. Vor allem der Spaß darf nicht verloren gehen, unterstreicht Ole, da es weiterhin ein Hobby ist.

Der Zeitaufwand soll sich lohnen

Dass gleich zwei Göttinger Teams in der vierthöchsten Liga Deutschlands Volleyball spielen können, ist außergewöhnlich und bedeutet für alle Beteiligten einen großen Aufwand. 18 Spieltage in der Saison sind eine Menge, sodass das gesamte Team viel Zeit und Kraft investieren muss. Einige aktive Spieler*innen übernehmen nebenbei Trainertätigkeiten für andere Mannschaften des Vereins oder auch übergreifend zwischen dem Tuspo Weende und dem ASC 46 Göttingen. Demnach kommen zu eigenen Spieltagen und Trainings weitere Termine in der Halle hinzu, die viel Engagement und Liebe zum Sport erfordern.

Die 1. Damen des Tuspo Weende trainieren dreimal die Woche und können fast jedes Wochenende mit einem Spiel am Wochenende rechnen. Bei den Herren des ASC 46 Göttingen sieht es ähnlich aus. Außerhalb von Trainings und Spielen kommen noch andere Aufgaben hinzu, welche Zeit in Anspruch nehmen. „Es ist viel Organisation drumherum, wie Busse holen, Berichte schreiben, Schiedsrichter stellen, das Buffet für andere Mannschaften organisieren.“, erzählt Anna. Dabei versuchen die anderen Mannschaften beider Vereine sie zu unterstützen und übernehmen Helferdienste bei den Heimspieltagen.

Wie die beiden Mittelblocker*innen erzählen, ist die Stimmung im Team unverzichtbar für ein Hobby, für das man neben dem Studium oder Arbeit so viel Zeit aufwendet. Ole studiert Jura und Anna ist im Master Sport auf Lehramt, wodurch beide einen getakteten Tagesablauf haben. Gerade der Ehrgeiz und Spaß, welcher beim Volleyball an den Tag gelegt wird, lässt auch die langen Auswärtsfahrten, bis zu 3,5 Stunden, schnell vergehen. „Das würde alles gar nicht funktionieren, wenn man sich nicht verstehen würde, weil man einfach echt viel Zeit zusammen verbringt“, sagt Anna. Für die Fans teilen die Mannschaften ihre Erlebnisse auf den Instagram-Kanälen @asc46_volleyballherren1 und @tuspoweende_volleyball. Dort kann man die Ergebnisse, wichtige Termine und besondere Erwähnungen sowie das Vor- und Nachher der Spieltage verfolgen. Gerade bei den Auswärtsfahrten kann man den Spaß gut erkennen, sagt Ole schmunzelnd.

Anna (Nummer 10) in Aktion auf dem Spielfeld. Foto: Juliane Timm

Diese Außendarstellung ist besonders in einer Sportart wie Volleyball wichtig. Anna erzählt, dass gerade die Termine der Heimspiele weiter verbreitet und generell mehr Werbung gemacht werden muss. Ähnlich sieht das Ole, der sich auf die letzten Heimspiele vor lautstarker Kulisse freut. Beide sind sich einig, dass die Unterstützung der Fans an den Heimspieltagen einer der größten Motivationsfaktoren ist. „Die Atmosphäre ist genial und die Fans pushen einen nochmal anders“, schwärmt Anna von der Stimmung in der Weender Sporthalle. Bei den beiden Spieltagen am Wochenende 20. und 21.1.2024 konnten die Teams mit Hilfe der Unterstützung von außen Siege einfahren. Durch jeden Anfeuerungsspruch, jedes Necken der Gegner, jedes Klatschen wird das Team aufgemuntert, sodass die Tuspo Weende Damen eine weitaus bessere Heimbilanz vorweisen als Auswärts. Dies läge maßgeblich an den Fans und nicht nur an der Mannschaft, vermutet Anna. Auch beim ASC sind die Heimspieltage besonders, da durch Hallensprecher*in, DJ und die Zuschauer*innen die Halle sich in ein lautes Stadion verwandelt. Die Atmosphäre in der Halle mache immer wieder Bock.

Die Saison geht in den Endspurt

Vor den letzten Spielen der Saison (Stand 06.02.2024) stehen sowohl die Weender Damen mit 18 Punkten aus 14 Spielen, als auch die ASC-Herren mit 13 gespielten Spielen und 15 Punkten auf dem siebten Tabellenplatz. In der kommenden Zeit haben beide Teams die Chance nochmals ihre Leistungen zu zeigen, wozu viele Zuschauer*innen benötigt werden. Der Kampf um den Klassenerhalt geht auf die Zielgerade. Die 1. Herren des ASC 46 Göttingen haben zwei Heimspieltage in der Geschwister-Scholl-Gesamtschule vor sich. Am 11.02.2024 geht es um 16 Uhr gegen den Gfl Hannover, welche aktuell auf dem neunten Tabellenplatz liegen und am 24.02.2024 um 20 Uhr gegen Bremen 1860. Beiden Teams unterlagen sie im Hinspiel nur knapp, was das Rückspiel umso spannender vermuten lässt. Für die 1. Damen des Tuspo Weende gibt es am 10.02.2024 um 20 Uhr ein Heimspiel gegen die Tabellenführerinnen des Blau-Weiß Lohne und am 16.03.2024 um 20 Uhr gegen den Oldenburger TB in der Sporthalle Weende, bei denen für das letzte Spiel der Saison nochmal alles gegeben wird. Es steht also schon bald das nächste Heimspielwochenende für den Göttinger Regionalliga-Volleyball an. Je mehr Support, desto besser. Also heißt es: Kommt alle in die Halle!