10 Regeln für mehr Interaktion in Videokonferenzen

In der digitalen Lehre werden Teilnehmer oft dazu gezwungen, ihre Kamera anzumachen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Teilnehmer wirklich zuhören. Dass den Lehrkräften viel bessere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die Teilnehmer zum Zuhören und sogar zum Interagieren zu bewegen, wird dabei häufig außer Acht gelassen. Die folgenden 10 Regeln helfen dabei, das Level an Interaktionen in Videokonferenzen hochzuhalten. Selbstverständlich handelt es sich hierbei weniger um handfeste Regeln, als eine Handreichung. Es gilt wie immer: Jede Lehrkraft muss ihren eigenen Stil finden. Wenn Sie jedoch folgende Ideen ausprobieren, werden Sie den unerwarteten Effekt beobachten können, dass die Teilnehmer freiwillig ihre Kamera anmachen.

  1. Regel: Führen Sie klare und konsequente Regelungen für Meldungen ein. Manchmal haben Moderatoren das Gefühl, dass solche Regeln nicht gebraucht werden. Doch ohne eine eindeutige Regelung laufen die Teilnehmer selbst in kleinsten Gruppen andauernd Gefahr, einander ins Wort zu fallen. Es ist viel schwieriger als in Präsenz abzuschätzen, wann jemand spricht.
    Daher empfehlen wir z.B. die „Hand heben“-Funktion zu nutzen. Dadurch werden Meldungen, einfach chronologisch sortiert und Redereihenfolgen stehen ohne weitere Absprachen fest. Dann trauen sich vielleicht auch mehr Teilnehmer, Wortbeiträge während der Konferenz zu leisten.
  2. Regel: Lassen Sie die Teilnehmer möglichst oft zu Wort kommen. Sturer Frontalunterricht führt schnell dazu, dass die Teilnehmer abschalten. Um dies zu verhindern, sollte möglichst oft die Möglichkeit zum Check-In präsentiert werden. Das gilt auch für die Lehrkräfte, denen in Präsenz Frontalunterricht mehr liegt. In Videokonferenzen ist die Aufmerksamkeitsspanne einfach kürzer.
    Damit die Teilnehmer möglichst oft genug zu Wort kommen, sollten Sie diese möglichst oft in Break-Out-Räume schicken. In kleineren Gruppen sind die Teilnehmer mehr aufgefordert sich einzubringen und miteinander zu agieren. Das fördert die Aktivität der Lernenden.

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  3. Regel: Binden Sie mindestens alle 10-20 Minuten eine Aktivität ein. Um zu gewährleisten, dass die Teilnehmer Ihnen zuhören, sollten Sie besser nicht mehr als 10 Minuten ohne Unterbrechung reden. Ihnen stehen zahllose Möglichkeiten für Warm-Ups und Energizer zur Verfügung (s. Blogartikel).
    Ein Beispiel wäre das Interaktionsspiel: drei von fünf. Der Moderator gibt dafür fünf Gegenstände vor z. B.: ein Kochlöffel, eine Pflanze, ein Schuh, ein Buch, Klopapier. Wer als erstes 3 von 5 Gegenständen vor die Webcam holt, hat gewonnen. Dadurch bringen Sie die Teilnehmer dazu, sich zu bewegen und den Schreibtisch einmal zu verlassen.
  4. Regel: Verwenden Sie den Mehrbenutzermodus bzw. das Whiteboard-Tool. Auf geschickt gestalteten Folien müssen sich die Teilnehmer auf Karten und Skalen selbstständig zuordnen. Beim Mehrbenutzermodus steht der Name der Person am Cursor. Dadurch können Sie die Personen bei Bedarf nochmal direkt ansprechen. Auch können Sie ein gemeinsames Bild entstehen lassen, indem Sie die Studierenden zum Zeichnen auffordern.
    Folgende Ideen können wir Ihnen empfehlen:

    Weiße Fläche zum Zeichnen anbieten
    Einordnen der Teilnehmer in einem Stimmungsbild
    Einordnen auf einer geografischen Karte

    Positionieren auf einer Skala
  5. Regel: Steuern Sie die Rückmeldungen mithilfe von Umfrage-Tools. In Präsenz können Sie sich einfach mit einem Blick in die Gesichter einen Eindruck verschaffen, ob Inhalte verstanden wurden. Die offene ins Plenum gestellte Frage „Gibt es noch Fragen“ wird in Videokonferenzen aller höchstens von einer Person beantwortet. Dadurch erhalten Sie jedoch keinen Überblick über die gesamte Situation. Steuern Sie die Rückmeldung mithilfe von Umfrage-Tools. Meistens bieten die Videokonferenz-Tools die Funktion „Eine Umfrage erstellen“ an. Ansonsten können Sie auch externe Tools wie Mentimeter oder Oncoo nutzen, um gezielte Rückmeldungen zu generieren. Wir können die datenschutzkonforme Alternative Edkimo empfehlen.
  6. Regel: Bemühen Sie sich hin und wieder um Abwechslung, z.B. können Sie mal einen anderes Videokonferenz-Tool benutzen z.B. Mozilla oder Gather.town. Sie können mal ein Spiel mit den Lernenden veranstalten z.B. auf Kahoot oder besser auf der datenschutzkonformen Alternative QuizAcademy. Aber beachten Sie die Faustregel, nicht mehr als zwei externe Tools innerhalb einer Videokonferenz zu verwenden. Sonst können die ursprünglich als Erfrischung gedachten Abwechslungen schnell für Kopfschmerzen sorgen.
  7. Regel: Beschäftigen Sie sich eingehend mit Ihrem Videokonferenz-Tool. Viele Möglichkeiten bleiben Ihnen verborgen, wenn Sie sich dies nicht tun. Die neuste Version von BigBlueButton bietet bspw. die Funktion: „Einen zufälligen Teilnehmer auswählen“. Wenn sich also niemand meldet, kann mithilfe dieser Funktion eine Person zum Reden aufgefordert werden. Das kann generell die Aufmerksamkeit der Teilnehmer fördern. Gleichzeitig muss abgewägt werden, ob dadurch eine lernförderliche Atmosphäre geschaffen wird. Ausprobieren hat jedoch bisher selten geschadet.
  8. Regel: Begrüßen Sie Ihre Teilnehmer mit einem Check-In. Check-Ins haben viele Vorteile. Zum einen werden die Teilnehmer direkt zu Beginn mit in den Unterricht einbezogen, zum anderen werden direkt die technischen Einstellungen der Teilnehmer überprüft. Sie können dies beispielweise einfach gestalten, indem Sie die Regel festlegen, dass beim Eintreten alle einmal ihr Mikro anmachen und eine Begrüßung von sich geben. Sie können Ihren Unterricht aber auch jedes Mal mit einer Blitzrunde starten, in der alle einmal mitteilen, was Sie von dem heutigen Unterricht erwarten.

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  9. Regel: Führen Sie regelmäßige Pausen ein. Länger als 90 Minuten am Stück können die wenigsten effektiv arbeiten. Bei Videokonferenzen reduziert sich diese Aufmerksamkeitsspanne vermutlich sogar auf 60 Minuten. Dabei ist es fast egal, wie lang die Pausen sind. Selbst bei regelmäßigen 2-Minuten Pausen werden Sie merken, dass sich die Effektivität der Videokonferenz erhöht.
  10. Regel: Binden Sie die Teilnehmer in die Ergebnissicherung mit ein. Das hat den Vorteil, dass die Teilnehmer einerseits sich eher verpflichtet fühlen, aufzupassen und andererseits Ergebnisse für sich verständlich festzuhalten. Zur Ergebnissicherung können sie beispielsweise digitale Pinnwände wie Padlet oder Flinga verwenden. Besonders empfehlen können wir die datenschutzkonforme Variante TaskCard.

Fazit: Ob die Teilnehmer im digitalen Unterricht zuhören und ihre Kameras anmachen, können Lehrkräfte aktiv beeinflussen. Welche Tipps können von Ihnen empfohlen werden und welche nicht?